Friedrich Johann Lorenz Meyer, ca. 1800

During the later stages of the Revolution, Meyer (1760-1844) kept his German compatriots informed of the political situation in France. He published two works based on his observations, the first in 1797, the second in 1802. His visit to Ferney was included in the latter, the Briefe aus der Hauptstadt und dem Innern Frankreichs, (Tübingen: J.G. Cotta, 1803 [second edition]), vol. II, pp. 185-187.


Fernay-Voltaire

Deo erexit -- Voltaire. Ich glaube die grinzende Satyrmaske des alten Spötters in dieser Inschirft zu erkennen. Wie mag ihn der Einfall gekizelt haben! Seine Bauren, heisst es, murrten einst gegen ihren Seigneur-Athée. Voltaire lies, um sich vor ihnen von dem Verdacht des Unglaubens zu reinigen, die Ueberschrift dem Portal der im schlechtesten Geschmak auf seinem Schlossvorhof erbaueten kleinen Kirche, eingraben. Und es gelang ihm sie damit zu beschwichtigen. "Da stehts, wenn ihr noch an meinem Glauben zweifelt." -- Der geschmakvolle Dichter der Alzire, des Mahomets, der Zaire, bewohnte zu Fernay ein Haus, nach seiner äussern Struktur, wie in den innern Dekorationen, geschmaklos erbauet und eingerichtet. Es gehört jezt seinem Freunde de la Villette, der es, Voltaire zu ehren, unverändert lies. Sein Bild als junger Mann, im Speisesaal, hat schon ganz den Faunenkarakter der in seinem Alter zur Karikatur ward. -- Die räthselhafte Ueberschrift seines Schlafzimmers: Son esprit est partout, mais son coeur est ici* enträthselt sich erst, wenn man hineintrit. In einer Wandblende steht hier eine kurze Pyramidal-Form, unbehülflich plump von Holz zusammengenagelt, schwarz und grau gemalt, und mit eben solchen Gewändern von Wollenzeug und Flor behängt. Es ist das Denkmal des Herzens Voltaires, das man in einer blechernen Urne, die halb aus der Mitte des Obelisks hervorragt, verschlossen hat. Diese Versezung seines Eingeweides, geschah auf Voltaires ausdrüklichen Wunsch. Mes manes, sagt die eben so hölzerne Ueberschrift dieses Mausoleums, sont consolés, puisque mon coeur est au milieu de vous.** An den Wänden um sein Bett her, hängen Gemälde seiner Freunde und Wohltäter, und kleinere Bildnisse von französischen Gelehrten und Dichtern. Unter den erstern ist der auf Atlas gezeichnete Kopf Catharina II, von ihr selbst mit Blumenwerk umstikt; Friedrich II; die Marquise de Chatelet und der Schauspieler Lekain. -- Voltaire sprach mit kühnem Muth das erste Wort der Vertheidigung für das Andenken des unschuldigen Calas. Es rührte mich, das von Chodowieki gestochene Blatt, welches den Abschied des unglüklichen Greises von seiner Familie darstellt, neben Voltaires Bette zu finden, mit dem bekannten schönen Vers aus Racinens Athalie:

Je crains Dieu -- et n'ai point d'autre crainte.***

* Sein Geist ist allenthalben, sein Herz ist hier.
** Beruhigt ist mein abgeschiedner Geist, weil mein Herz in eurer Mitte ist.
*** Ich fürchte Gott, und habe sonst keine Furcht.


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